Bessere Entscheidungen treffen
Entscheidungen sind eine knifflige Angelegenheit. Wir müssen Kosten und Nutzen bedenken, Alternativen abwägen, das große Ganze im Blick behalten, wir haben die Qual der Wahl, gehen Risiken ein und versuchen die Zukunft vorherzusagen.
Sich zu entscheiden ist oftmals nicht einfach. Und es wird nur noch schwerer, bedenkt man die Funktionsweise unseres Gehirns. Wir Menschen neigen nämlich dazu, jede Menge Denkfehler zu begehen. Ein paar davon, die uns insbesondere beim Fällen von Entscheidungen beeinflussen, möchte ich im Folgenden vorstellen.
Alternativenblindheit
Man achte einmal darauf wie oft es in Filmen, Büchern oder auch im Privatleben heißt: „ich hatte keine andere Wahl“ oder „immer noch besser als die Alternative“. Wenn ich diese Sätze höre, rege ich mich jedes Mal auf. Als ob es im Leben nur A oder B gäbe.
Alternativenblindheit tritt auf, wenn man vor die Wahl gestellt wird, sich zwischen Variante A und dem Status Quo, also dem bisherigen Zustand, zu entscheiden. Der Denkfehler besteht darin, dass wir nur die beiden gegeneinander abwägen und darüber vergessen, Variante A auch mit Variante B, C, D etc. zu vergleichen. Soll eine Grünfläche für den Bau von Luxuswohnungen weichen, dann darf nicht nur darüber geredet werden, welchen Mehrwert die Wohnungen gegenüber der brach liegenden Grünfläche haben, sondern auch, ob den Anwohnern des Viertels nicht mehr durch den Bau einer Sportarena, eines Einkaufszentrum, einer Schule oder eines Krankenhauses geholfen wäre.
Merke: Vergleiche einen Vorschlag nicht nur mit dem Status Quo sondern auch mit den nächstbesten Alternativen.
Falscher Konsens-Effekt
Vor kurzem habe ich eine Förderung für die Durchführung meiner Doktorarbeit erhalten. Davor jedoch hagelte es eine ganze Weile nur Absagen. Bei jeder bin ich aufs Neue aus allen Wolken gefallen, denn ich war so überzeugt von der Wichtigkeit und dem Wert meines Vorhabens, dass ich mir sicher war, alle andere müssten auch so denken. Weit gefehlt und ein klassischer Denkfehler!
Wir überschätzen den Grad der Übereinstimmung mit Anderen. Wir glauben, andere würden genauso denken wie wir.
Der Psychologe Lee Ross stieß 1977 auf den Effekt, als er Studenten bat, für 30 Minuten ein Werbeschild auf dem Campus herumzutragen. Gleichzeitig sollten die Studenten einschätzen, wie viele andere bereit wären das Schild zu tragen. Diejenigen, die sich bereit erklärten, gingen davon aus, dass sich die Mehrheit aller Studenten, nämlich 62% ebenso entscheiden würde. Diejenigen, die ablehnten, glaubten auch 67% der anderen würden sich gegen den Job entscheiden. In beiden Fällen wähnten sich die Studenten im Konsens mit der Mehrheit.
Doch damit nicht genug: Personen, die nicht unsere Meinung teilen, stempeln wir gerne als „nicht ganz normal“ ab. Das taten auch die Studenten im obigen Beispiel. Diejenigen, die das Schild trugen, bezeichneten die Verweigerer als „Verklemmte ohne Sinn für Humor“. Diese wiederum nannten die Schildträger „Idioten“ und „Leute, dich sich immer in den Mittelpunkt stellen müssen“.
Merke: Auch wenn man absolut von der Brillanz seiner neuen Geschäftsidee überzeugt ist, heißt das noch lange nicht, dass der Rest der Menschheit auch so denkt. Und ganz vielleicht macht sie diese abweichende Meinung auch nicht per se zu „Idioten“ 🙂
Unfähigkeit Türen zu schließen
Uns fällt es auch deshalb so schwer Entscheidungen zu treffen, weil jede Entscheidung auch eine Entscheidung gegen etwas anderes ist. Wählen wir Variante A, heißt das gleichzeitig, dass es nicht zu Variante B, C und D kommen wird. Wir müssen Türen schließen und das ist uns zutiefst zuwider.
Wie sehr es uns danach lechzt möglichst viele Optionen aufrechterhalten, selbst wenn diese keinen Nutzen für uns haben, zeigten die Psychologieprofessoren Dan Ariely und Jiwoong Shin anhand eines Computerspiels. Auf dem Bildschirm waren drei verschiedene Türen zu sehen. Die Spieler starteten das Spiel mit 100 Punkten. Für jede Tür, die sie öffneten, mussten sie 1 Punkt bezahlen. Doch konnten sie hinter jeder Tür wiederum Punkte gewinnen. Es war relativ einfach herauszufinden, welches der ergiebigste Raum war. Die Spieler taten also was logisch war: sie fanden heraus, welcher Raum ihnen am meisten Punkte einbrachte und blieben dort.
Nun veränderten die Spielleiter die Regeln. Jede Tür, die nicht innerhalb von 12 Spielzügen geöffnet wurde, verschwand für immer. Das Resultat: Die Spieler hetzen nun von Tür zu Tür um ja nicht eine Tür unwiderruflich zu verlieren. Sie sammelten mit dieser Strategie 15% weniger Punkte als zuvor. Doch selbst nachdem die Spielleiter die Kosten des Türenöffnens von einem auf drei Punkte erhöhten und sogar dann, wenn sie den Spielern verrieten, welcher Raum exakt wie viele Punkte gab, veränderten die Spieler ihr Verhalten nicht. Sie konnten es schlichtweg nicht ertragen, eine Option zu verlieren.
Merke: Wer Erfolg haben will, muss lernen Türen zu schließen. Man muss sich bewusst dafür entscheiden, gewisse Möglichkeiten außer Acht zu lassen. Wie das funktioniert zeigte der spanische Eroberer Cortés im 16. Jh. sehr eindrucksvoll. Nach der Landung an der Ostküste Mexikos versenkte er die eigenen Schiffe. Rückzug war damit keine Option mehr. Wer überleben wollte, musste siegen.
Und was lernen wir daraus?
Diese und zahlreiche weitere Denkfehler schleichen sich in unseren Gehirnwindungen ein, ohne dass wir viel dagegen tun können. Die meisten von uns „leiden“ unter der einen oder anderen Denk-Verzerrung. Da hilft nur eines: sich möglichst klar vor Augen führen, welche Denkfehler in der gegebenen Situation eine Rolle spielen, diese miteinbeziehen und dann hoffentlich bessere Entscheidungen zu treffen.
Quelle: Alle hier aufgezählten Denkfehler wurden dem Buch: „Die Kunst des klugen Handelns“ von Rolf Dobelli entnommen: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen*
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