Fallstricke auf der Suche nach dem Glück - Glücksdetektiv

Fallstricke auf der Suche nach dem Glück

Eine Standardannahme innerhalb der Ökonomie lautet, dass der Mensch bewusst darauf abzielt seinen Nutzen zu maximieren. Dabei wird stillschweigend davon ausgegangen, dass der Mensch schon wisse, was ihm den meisten Nutzen bringt.

Im Hinblick auf das Streben nach Glück haben die meisten Menschen jedoch nicht den geringsten Schimmer davon, was sie glücklich macht und was nicht. Ob bewusst oder unbewusst richten wir unser Leben auf eine Art und Weise ein, von der wir erwarten, dass sie uns zufrieden stellt. Doch die Ziele, die wir uns setzen, sind oftmals die falschen und die Mittel, mit denen wir diese Ziele zu erreichen glauben, führen auch nicht zum erwünschten Resultat. Kurzum: die meisten Menschen unterliegen zahlreichen falschen Annahmen über das Glück.

Falsche Ziele – falsche Wege

fallstricke - GlücksdetektivEin Hauptproblem ist, dass wir den Wert intrinsischer Aktivitäten (Dinge, die wir um ihrer selbst willen tun) unterschätzen, während wir dem Wert extrinsischer Aktivitäten (Dinge, die nur Mittel zum Zweck sind) zu viel Bedeutung beimessen. Wenn wir uns dafür entscheiden, wegen des zusätzlichen Geldes häufige Überstunden in Kauf zu nehmen (=extrinsisch), anstatt die Zeit mit unserer Familie oder unseren Freunden zu verbringen (=intrinsisch), treffen wir im Hinblick auf unser Glück eine falsche Entscheidung.

Doch wie kann es überhaupt dazu kommen? Wieso wissen wir es nicht von vornherein besser? Und selbst, wenn wir es eigentlich besser wissen, warum treffen wir dennoch die falschen Entscheidungen?

Extrinsische Eigenschaften stechen hervor

Dafür sind eine Reihe von Fehlern bei der Entscheidungsfindung verantwortlich: Zunächst einmal sind extrinsische Eigenschaften auffälliger als intrinsische Eigenschaften. Wenn wir also eine bestimmte Entscheidung zu treffen haben, stoßen uns die für unser Wohlbefinden weniger förderlichen extrinsischen Eigenschaften leichter ins Auge. Sie sind z.B. schlichtweg einfacher zu rationalisieren.

Nehmen wir an, uns wird eine Stelle angeboten. Die Bezahlung ist deutlich besser als im vorherigen Job und die Position bringt eine Beförderung mit sich, wir gewinnen also auch an Status. Auf der anderen Seite schätzen wir die Arbeitsatmosphäre in unserem jetzigen Job und würden einer unserer Lieblingsaufgaben in der neuen Position nicht mehr nachgehen können.

Beim Fällen einer solchen Entscheidung tendieren wir dazu Erfahrungsaspekte zu ignorieren und einfach zu artikulierende, rationalisierbare Aspekte in den Vordergrund zu stellen. Da die für unser Wohlbefinden zuträglichen intrinsischen Aspekte eines Jobs (Freude an einer bestimmten Tätigkeit oder gute soziale Beziehungen) nur schwer greifbar und eher emotional belegt sind, erhalten sie weniger Gewicht bei der Entscheidungsfindung. Die „harten“ Fakten (mehr Geld, bessere Position) hingegen sprechen deutlich für den neuen Job. Resultat: Obwohl er uns wahrscheinlich unzufriedener machen würde, würden die meisten von uns den neuen Job annehmen.

Die Macht der Gewöhnung wird unterschätzt

fallstricke - GlücksdetektivEin weiterer beliebter Fehler ist der, dass wir nicht voraussehen, wie schnell wir uns an Neues gewöhnen. Insbesondere extrinsische Güter und Aktivitäten gehen mit schneller Gewöhnung einher, während Aktivitäten, die aus intrinsischer Motivation begonnen werden dauerhaft glücklich machen können.

In unserem Beispiel haben wir uns hauptsächlich deswegen für den neuen Job entschieden, weil er mit mehr Geld und vielleicht einem größeren Büro einhergeht. An beides werden wir uns schon nach wenigen Monaten gewöhnt haben. Die netten Kollegen bei unserem letzten Job hatten wir hingegen auch nach fünf Jahren noch nicht satt, weil es immer wieder aufs Neue befriedigend war, mit ihnen zu reden. Im neuen Job haben wir kein Team mehr um uns, weil unsere Position das nicht erfordert. Und jetzt da die positiven Effekte des höheren Gehalts schon längst verschwunden sind, fragen wir uns allmählich, wieso wir überhaupt gewechselt haben…

Erinnerungen sind verzerrt

fallstricke - GlücksdetektivUnd noch eine weitere Eigenschaft führt dazu, dass wir unsere Entscheidungen maßgeblich nach extrinsischen Aspekten ausrichten: die Tatsache, dass unsere Erinnerungen an Erfahrungen oftmals verzerrt sind. Wir neigen nämlich dazu, uns vorrangig an den Höhepunkt und das Ende einer Erfahrung zu erinnern. Deshalb sind auch hier wieder extrinsische Eigenschaften im Vorteil, da sie knackiger und zumeist kurzfristiger ausfallen als die diffusen und andauernden intrinsischen Eigenschaften. Schätzen wir also im Nachhinein den Nutzen von etwas ein, bleibt uns eher der Gehaltsscheck am Ende des Monats in Erinnerung als die täglichen Gespräche mit den Kollegen.

Und was lernen wir daraus?

Es reicht nicht aus, sich lediglich vorzunehmen nach dem Glück zu streben. Wir müssen auch wissen, wie wir dieses Ziel erreichen können. Und scheinbar sind wir darin nicht besonders gut. Womöglich liegt das ja daran, dass es evolutionär gesehen keinen Sinn macht, glücklich zu sein. Wer überleben will sollte eher auf Geld, Status und Macht setzen. Aber für diejenigen von Euch, die sich mehr vom Leben erhoffen, als gerade so zu überleben, ist es unabdinglich zu wissen, welche Wege zum Glück führen und mit welchen Hindernissen man auf diesen Wegen konfrontiert wird. Wer die Fallstricke auf der Suche nach dem Glück kennt, kann sie bewusst umgehen. Wissen ist in diesem Fall also mal wieder Macht. Macht darüber, sein Glück nicht nur zu verfolgen, sondern auch erreichen zu können.

4 Comments
  • Benny Briesemeister
    Posted at 10:35h, 03 Juni Antworten

    Hallo Katharina,

    erstmal Gratulation zu der wirklich schönen Seite. Bin regelmäßiger Leser und gerade deshalb schockiert, an wie vielen Stellen ich offensichtlich mein Glück noch optimieren kann – von daher vielen Dank für diesen Blog.

    Nach langem passiven Lesen hab ich mich jetzt dazu entschlossen auch mal etwas beizutragen. Mir sind nämlich – gerade bei diesem Beitrag – ein paar Dinge aufgefallen, die man m.M.n. noch weiter ausführen kann.

    Erstens, zur Wertschätzung extrinsischer Motivation, fällt mir immer wieder auf, wie sehr uns anerzogen wird auf solche Dinge zu achten. Intrinsische Motivation ist ja meistens auf die eine oder andere Art auf unsere Emotionswelt bezogen – und die wird m.M.n. viel zu oft abgewertet gegenüber vermeintlich „objektiven“ Kriterien. Wenn wir eine neue Wohnung suchen, wird zuerst nach dem Preis, der Größe, der Zimmeranzahl und der Lage gefragt. Beim Job geht es um die Bezahlung, beim Studium um die mögliche Elite. Alles objektive Kriterien. Daran ist ja nichts verwerfliches. Aber wenn man sich das bewusst macht, bemerkt man erst, wie wichtig ist es auch mal gesagt zu kriegen, dass es egal ist, was man macht, solange man damit zufrieden ist.

    Zweitens stimme ich dir zu, die Macht der Gewöhnung wird unterschätzt – allerdings in beide Richtungen. Wir gewöhnen uns sehr schnell an all das schöne neue. Wir gewöhnen uns aber auch stärker als wir glauben an negative EInflüsse. Um in deinem Beispiel zu bleiben: Die Kollegen der Stelle, mit der wir so lange zufrieden waren, haben anfangs vielleicht auch genervt. Aber man hat Wege gefunden sich mit ihnen zu arrangieren. Das geht bei der neuen Stelle nun wieder von vorne los.

    Und abschließend muss ich dir in einem Punkt ein klein bisschen widersprechen: Es liegt evolutionör gesehen sehr wohl ein gewisser Sinn im glücklich sein, wenn auch nicht im glücklich sein an sich. Aber wenn wir glücklich sind, sind wir offener für neue Erfahrungen, wir lernen schneller, knüpfen leichter neue Kontakte. Alles Faktoren, die im Gegenzug direkt auf unsere Fitness einwirken.

    Ich freu mich schon auf den nächsten Beitrag.
    Mach weiter so,
    Benny

  • Katharina Tempel
    Posted at 19:50h, 05 Juni Antworten

    Lieber Benny,

    freut mich, dass Dir der Blog gefällt.
    Mit Deinen Anmerkungen hast Du vollkommen recht: leider wird heutzutage kaum noch thematisiert, ob etwas zu unserer Zufriedenheit beiträgt oder nicht. Was zählt sind vorrangig die „objektiven“ Kriterien. Und das alles geschieht dann auch noch in „unserem besten Interesse“. Schließlich möchte man nur, dass wir die besten Chancen auf dem Ausbildungs- oder Jobmarkt haben. Das ist übrigens auch einer der Gründe für diesen Blog: um zu zeigen, dass es auch noch eine andere Welt bzw. andere Kriterien gibt 🙂

    Im Hinblick auf die evolutionäre Bedeutung von Glück muss ich Dir auch Recht geben. Glücklich zu sein bringt zahlreiche Vorteile mit sich, die sich auch positiv aufs Überleben auswirken. Demgegenüber steht aber die Tatsache, dass dafür auch andere Faktoren eine Rolle spielen, die leider ganz und gar nicht zu unserem Glück beitragen bzw. dieses eher verschlechtern. Evolutionär gesehen mag es also zum Teil Sinn machen, glücklich zu sein, aber das oberste Ziel der Evolution bleibt nach wie vor das Überleben und das ist nicht immer im Sinne unseres Glücks.

    Liebe Grüße und bis demnächst,
    Katharina

  • Pingback:Was ist Glück? | Glücksdetektiv
    Posted at 10:15h, 17 Juni Antworten

    […] sind wir Menschen nicht besonders gut darin zu wissen was uns glücklich macht und was nicht (s. Fallstricke auf der Suche nach dem Glück). Überspitzt ausgedrückt könnte auch ein Sklave, der sich an sein Schicksal gewöhnt hat, mit […]

  • Heike Habeland
    Posted at 17:46h, 11 April Antworten

    Danke für diese Seite, wirklich schön. War auf der suche nach Entscheidungshilfen und hab nun hier gleich einiges gelesen. Kann vieles nur bejahen! 🙂 Allen viel Glück auf der suche nach dem persönlichen Glück! Oft macht ja auch der Weg glücklich, auch wenn man das Ziel garnicht erreicht. Und da haben wir es doch, das Ziel 🙂 Guck gern wieder hier rein! 🙂

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