Neuronale Plastizität – Es ist nie zu spät!
Letzte Woche war ich auf einer Gesundheitsakademie und habe mich mit den Auswirkungen des demografischen Wandels und unserer alternden Gesellschaft auseinandergesetzt.
Dabei hatte ich die Möglichkeit, einen sogenannten Age Explorer auszuprobieren. Der Age Explorer ist ein Anzug, der es einem ermöglicht, in die Haut eines älteren Menschen (70+ Jahre) zu tauchen und die damit einhergehenden Einschränkungen am eigenen Leib zu erfahren. Einfachste Tätigkeiten, wie z.B. die Schnürsenkel zuzubinden, wurden plötzlich zur Herausforderung.
Auf meine Nachfrage hin erfuhr ich, dass man durch Training dem Verlust der Beweglichkeit entgegenwirken und so die körperlichen Abbauprozesse deutlich verlangsamen kann.
Training verlangsamt Abbauprozesse
Das regelmäßige Bewegung und körperliches Aktivität wichtig sind, um auch im Alter noch fit zu bleiben, ist sicherlich keine Neuigkeit. Weit interessanter war die Neuigkeit, dass man mit Training aber selbst dann noch seinen Bewegungsradius erweitern kann, wenn man erst im hohen Alter damit beginnt. Es ist also nie zu spät, anzufangen.
Körperliche Fitness hilft zudem auch dem geistigen Abbau vorzubeugen. So konnten Senioren, die neben einem Gedächtnis-Trainingsprogramm gleichzeitig auch ein körperliches Aktivierungsprogramm durchgeführt haben, ihre intellektuellen Fähigkeiten stärker verbessern als solche, die nur das Gedächtnis-Training durchführten.
Allein regelmäßig zu Fuß zu gehen, senkt das Risiko an einer Demenz zu erkranken um 50%.
Aber nicht nur unseren Körper können wir trainieren…
Neuronale Plastizität – Das flexible Gehirn
Eine der spannendsten Erkenntnisse der Neurowissenschaften war die Entdeckung, dass unser Gehirn nicht starr und unveränderlich sondern höchst formbar und anpassungsfähig ist. Wissenschaftler bezeichnen das als neuronale Plastizität.
Das menschliche Gehirn verändert sich also ein Leben lang.
Und zwar je nachdem, wie es gebraucht wird. Bei Londoner Taxifahrern konnte bspw. festgestellt werden, dass sich das Hirnareal, das für die räumliche Orientierung zuständig ist, vergrößert hatte.
Ebenso verändert Klavierspielen oder Jonglieren das Gehirn. Erstaunlicherweise führte bereits die geistige Vorstellung davon, Klavier zu spielen, zu physiologischen Veränderungen im Gehirn.
Diese und ähnliche Erkenntnisse beweisen, dass wir unser Gehirn durch unsere Gedanken verformen können. Natürlich nicht von einem Tag auf den nächsten. Solche Veränderungen brauchen Zeit, aber sie sind möglich.
Denken wir bspw. pausenlos negativ und werten uns herab, werden diese Vernetzungen im Gehirn ausgeprägter. Zukünftige Ereignisse werden leichter nach dem Schema interpretiert, was wiederum die bestehenden Verbindungen verstärkt und somit unsere negative Art zu denken. Gott sei Dank funktioniert das Prinzip auch andersherum.
Wenn wir daran arbeiten, positiv zu denken, können wir eingefahrene Strukturen abschwächen und neue, optimistischere Blickwinkel entstehen lassen.
Wer rastet – der rostet
Wenn wir etwas Neues lernen, bilden sich im Gehirn also neue Verbindungen. Wenn wir hingegen bestimmte Dinge nicht mehr tun, bilden sich diese synaptischen Verbindungen auch wieder zurück.
Wenn es kein anregendes Umfeld mehr gibt und z.B. keine Aufgaben, an denen man sich beweisen kann, führt das zu einem schnelleren Verlust an biologischen Möglichkeiten. Auch immer gleiche Abläufe oder sich wiederholende Tätigkeiten können dazu führen, dass nicht benötigte Vernetzungen über die Zeit abgebaut werden.
Und was lernen wir daraus?
Ich möchte keinesfalls zu dauerhaftem Leistungssport und Lernwahnsinn motivieren. Ich finde nur die Erkenntnis unglaublich beflügelnd, dass sowohl Körper als auch Geist auf Veränderungen reagieren, dass sie flexibel und nicht statisch sind und das es so niemals zu spät ist, etwas zu verändern und neu zu beginnen.
Das alte Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt – lernt Hans nimmermehr“ hat endgültig ausgedient.
Literatur:
- Max-Planck-Gesellschaft: Neuronale Plastizität: Das formbare Gehirn. In: Forschungsperspektiven 2010+.
- Esch, T. (2013). Die Neurobiologie des Glücks*: Wie die positive Psychologie die Medizin verändert. Georg Thieme Verlag.
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Posted at 14:00h, 11 Mai[…] Wer mit sich selbst im Reinen ist, wird auch von anderen als authentisch wahrgenommen. Der strahlt Selbstvertrauen und Verlässlichkeit aus und achtet automatisch darauf, gut zu seinem Körper und seiner Gesundheit zu sein. […]