Warum du auf keinen Fall blind einem Glücksguru vertrauen solltest
„Positives Denken ist die Lösung aller Probleme der Menschheit und der Welt!“ Das glaubst du nicht? Ich auch nicht. Und weißt du warum? Weil es Schwachsinn ist.
Parolen wie: „Glaube an deinen Erfolg und du wirst Erfolg haben“, „think positive“, „du kannst alles“ oder „das Universum hört zu“ versprechen einem das Blaue vom Himmel, wenn man nur das entsprechende Produkt kauft, das Training bezahlt oder in das besondere Vorteilsangebot der gesamten Buchreihe investiert.
Die Masche der Glücksgurus
Da gibt es „positives Denken“, das „Gesetz der Anziehung“, diverse „Energieflüsse“ oder „Wünsche ans Universum“. Sie alle wollen uns glauben lassen, dass wir nur lächeln müssen und schwupps, lächelt die Welt mit uns. Alles ganz einfach also. Du musst es nur wollen, dann wirst du glücklich sein. Du musst deinen Erfolg nur visualisieren, dann wirst du der nächste Mark Zuckerberg.
Das Fatale daran ist, dass solche Heilsversprechen nicht nur völliger Quatsch sind sondern auch noch ziemlich schädlich und gefährlich sein können.
So mancher Glücksguru weist schon sektenähnliche Züge auf. Da gibt es Berichte von Menschen, die nach dem Besuch eines Glücksseminars ihre Partner verlassen und ihre Kinder zur Adoption freigeben wollten mit der Begründung, dass sie Zeit für sich bräuchten. An sich ein lobenswerter Gedanke, aber in der Radikalität und Plötzlichkeit auf keinen Fall gesund und absolut realitätsfern.
Hinzu kommt, dass diese frei erfundenen Glücksparolen nicht selten Versagensängste und Schuldgefühle auslösen. Denn wenn sich das eigene Leben nach so einem heilsversprechenden Training doch nicht um 180° gewendet hat, dann ist die einzig gültige Erklärung die, das man sich nicht genug angestrengt oder es immer noch nicht verstanden hat. Kurzum: Man ist selbst schuld an der Misere.
Nicht etwa der Trainer oder Guru, der einem seine Glücksweisheiten verkauft hat. Nein, nein. Der kauft sich gerade eine neue Badezimmereinrichtung von dem Geld, das dein Unglück und deine Unzufriedenheit ihm verschafft hat.
Mir kommt manchmal die Galle hoch, wenn ich sehe, mit welchen vermeintlichen Glücksversprechungen Menschen um ihr Geld und ihr Seelenheil gebracht werden.
Augen auf beim Glückskauf
Der Glücksmarkt dort draußen boomt wie schon lange nicht mehr. Und zwar so sehr und mitunter so zweifelhaft, dass es mir manchmal schwer fällt, ein Teil davon zu sein. Denn leider verfolgen längst nicht alle die besten Absichten oder sind hinreichend geschult, um tatsächlich sinnvolle und hilfreiche Beiträge zu bringen.
Auch die Presse trägt eine Mitschuld, die gerne in reißerischen Titeln vermeintliche Glücksweisheiten verkündet oder Glücksübungen in den Himmel lobt, an denen die Wissenschaft nach wie vor begründete Zweifel hat.
Natürlich sind solche Medienkampagnen, esoterischen Angebote und Wundermittel nichts Neues. Es hat sie schon immer gegeben. Aber im Fahrwasser der Positiven Psychologie haben solche Ansätze ganz neuen Aufwind erlangt.
Bevor du jetzt aus allen Wolken fällst. Lass mich das klarstellen:
Ich bin 100% überzeugt von den Erkenntnissen, die die Positive Psychologie gewonnen hat. Ich glaube daran (und mein Glaube fußt auf wissenschaftlichen Experimenten), dass wir alle glücklicher werden können und dass eine positive Grundstimmung zu vielen Vorteilen führt und diese zu erlangen somit das Beste ist, was wir für unser Leben tun können.
Aber: zu fast jeder Erkenntnis der Positiven Psychologie gibt es eine Übertreibung esoterischer Glücksgurus, die damit ihr Geld verdienen. Für jemanden, der sich nicht mit der Forschung auskennt ist es extrem schwer hier die Grenze zu ziehen.
Wahrheit oder Lüge?
Ich möchte dir das an Hand von drei Aussagen erklären, die alle einen wahren Kern haben, aber in der Generalisierung und Radikalität falsch und gefährlich sind:
1. Aussage: „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“
Wahrheit: Tatsächlich kann jeder selbst etwas für sein Glück tun. Die Gene spielen nur zum Teil eine Rolle. Wir können unser Glücksniveau also beeinflussen und durch eigenes Zutun aktiv steigern.
Lüge: Der Umkehrschluss dieser Aussage ist nicht gültig. Wenn du also nicht glücklich bist, ist das nicht unbedingt deine eigene Schuld. Es gibt keine Garantie auf ein glückliches Leben, denn ob wir glücklich werden können oder nicht, liegt nicht alleine in unserer Hand. Natürlich kann eine rumänische Minderjährige, die in Deutschland zur Prostitution gezwungen wird versuchen dankbar dafür zu sein, dass sie überhaupt noch am Leben ist. Aber alles andere wäre Schönreden und völliger Realitätsverlust. Nein. Sie wird wahrscheinlich nicht glücklich sein, unabhängig von ihren eigenen Bemühungen und Anstrengungen.
2. Aussage: „Glückliche Menschen sind gesund“
Wahrheit: Tatsächlich sind glückliche Menschen gesünder und leben bis zu zehn Jahre länger als Menschen, mit weniger positiven Emotionen. Menschen mit positiver Grundstimmung haben ein besseres Immunsystem und ein geringes Risiko für diverse Erkrankungen (einschließlich Herz-Kreislauf-Krankheiten, Depressionen etc.)
Lüge: Wir erschaffen uns nicht alle unsere Krankheiten selbst. Natürlich kann unsere Unzufriedenheit Magen-Darm-Geschwüre hervorrufen oder unsere schlechte Stimmung uns anfälliger für Erkältungen machen (s. psychosomatische Beschwerden), aber schlimme Krankheiten wie Krebs oder Demenz hat niemand selbst zu verschulden. Genauso falsch ist die Behauptung, dass wir solche Krankheiten mit Liebe und Dankbarkeit heilen können. Das sind gefährliche, falsche und schlimme Behauptungen, weil sie kranken Menschen die Schuld an ihren Krankheiten geben und sie auch noch dazu verleiten können, auf medizinische Hilfe zu verzichten. Und sollten sie dann doch sterben, dann waren sie einfach nicht dankbar genug…
3. Aussage: „Alles, was man sich oft genug wünscht (bzw. vorsagt) wird wahr“.
Wahrheit: Was wir denken ist enorm wichtig. Es beeinflusst unsere Gefühle, aber auch unsere Verhaltensweisen. Optimistische Menschen sind bspw. viel motivierter und halten länger durch, weil sie an den Erfolg einer Sache glauben, während Pessimisten naturgemäß auf Grund ihrer negativen Erwartungen früher aufgeben.
Negative Gedanken können uns auch anfällig für Depressionen machen und eine regelrechte Abwärtsspirale auslösen (s. Kognitive Verhaltenstherapie). Es ist also wirklich wichtig auf seine Gedanken zu achten.
Lüge: Was aber nicht funktioniert ist, sich einfach nur erfolgreich und glücklich zu denken. Der Markt mit so genannten Affirmationen boomt. Das sind stark verallgemeinernde Sätze, die man sich immer wieder vorsagt um dadurch Veränderungen in den Gedanken zu bewirken. z.B. sagt man sich „ich bin eine liebenswerte Person“ oder „das Leben liebt mich“.
Sich bloß etwas vorzusagen ohne voll und ganz hinter dem Gedanken zu stehen, etwas mit ihm zu verknüpfen oder ihn richtig zu fühlen, ändert aber rein gar nichts. Es hilft dir ja auch nicht mit dem Rauchen aufzuhören, nur weil du dir sagst, dass du ein Nichtraucher bist. Oder?
Zudem sind Affirmationen meistens viel zu allgemein. Wissenschaftliche Studien zeigen das übrigens auch. Wenn Affirmationen irgendetwas bewirken soll, dann müssen die Sätze so konkret und persönlich wie möglich sein. In manchen Fällen können sie sogar schaden. Insbesondere wenig selbstbewusste Menschen empfinden hinterher schlechtere Stimmung, weniger Optimismus und weniger Motivation.
Es gibt hunderttausend weitere Beispiele, aber ich glaube, du hast verstanden was ich meine.
Das kannst du tun, um keinem Glücksguru in die Hände zu fallen
Was also kannst du tun, um in Zukunft keinem zwielichtigen Glücksguru in die Hände zu fallen? Es ist ein guter Anfang, wenn du dich an die folgenden drei Regeln hältst:
- Niemand hat je die alleinige Weisheit gepachtet. Wenn dir einer seine Methode als die einzig wahre verkaufen will, lügt er.
- Hüte dich vor Übertreibungen aller Art. Genauso wenig, wie du für deinen Tumor selbst verantwortlich bist, ist positives Denken auch nicht das Heilmittel für ALLE Probleme dieser Welt. Radikalität ist nie gut und nie richtig.
- Bei allem Wunsch nach Hilfe und Veränderung, lass deinen Kopf eingeschaltet. Gute Trainings und ehrliche Konzepte erreichen dein Herz genauso wie deinen Verstand.
Angelika Fleckenstein
Posted at 15:35h, 27 AprilEin Beitrag, der mir sehr gut gefällt und mir 100 %ig aus der Seele spricht.
Schon vor Jahren verfasste ich einen Artikel, der sich mit dem Thema befasste, aber leider nie veröffentlicht wurde. Kunststück: Es gab noch kein Internet. Jedenfalls nicht so, wie wir es heute kennen.
Umso schöner und besser, dass es heute möglich ist. Und damit dieser Artikel von möglichst vielen Menschen gelesen wird, teile ich ihn gleich via Facebook und Google.
Herzliche Grüße
A.F.
Glücksdetektiv
Posted at 18:39h, 27 AprilLiebe Angelika,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Dieses Thema liegt mir auch sehr auf dem Herzen, insb. da ich ja selber übers Glück blogge. Und gerade weil ich mich auch wissenschaftlich mit dem Thema beschäftige, stößt es mir immer wieder auf, wenn manche Personen mit völlig ungestützten (und manchmal schlichtweg falschen oder gefährlichen) Behauptungen ihre Produkte/Coachings verkaufen wollen.
Ich danke dir ganz herzlich fürs Teilen meines Artikels.
Liebe Grüße,
Katharina
N.
Posted at 10:46h, 28 AprilHallo Katharina,
Erstmal vielen Dank für deine Seite. Ich finde es ganz toll, dass du die Dinge so realitätsnah beschreibst und Sachverhalte aus verschiedenen Perspektiven betrachtest. Vor allem, wie du in dem Artikels schon beschreibst, kann man vieles nicht pauschalisieren und muss es differenzierter betrachten. Ich lese einige Blogs und Stelle oft fest, dass da gerade diese vielen Übertreibungen auftauchen, zB. “ du bist deines Glückes Schmied“ oder “ es kommt nur auf deine Einstellung an ob du glücklich bist. Da denke ich, haben viele nicht über den Tellerrand geguckt, und meinen wohl eigentlich nur die begrenzte Zahl von Menschen hier im Westen, bei denen sich einige sich z.B. ihre Problemchen im Job doch auch gutreden könnten – kann ich nachvollziehen, aber da gibt es genug andere Beispiele, wo das nicht funktioniert, siehe dein Beispiel der prostituierten, Flüchtlingskinder etc. Das ärgert mich manchmal richtig, dann so etwas zu lesen.
Freue mich, deinen newsletter abonniert zu haben! Einen schönen Tag,
Grüße, N.
Glücksdetektiv
Posted at 13:20h, 28 AprilLiebe N.,
vielen Dank für deinen ausführlichen und überaus freundlichen Kommentar. Es ist super schön zu lesen, dass genau diese Differenziertheit bei einigen (hoffentlich… aber zumindest bei dir) gut ankommt.
Mir geht es da nicht anders als dir: wenn ich diese pauschalen Glücksversprechen und Floskeln lese, ärgere ich mich auch jedes Mal.
Das war auch einer der Gründe dafür, diesen Blog zu gründen. Ich wollte realistische und echte Informationen über das Glück und ein glückliches Leben liefern und nicht nur diese Motivationsfloskeln, dass man nur wollen muss und dann wird alles gut.
Ich bin dir wirklich dankbar für dein Feedback und freue mich noch mehr, dass du dich für meinen Newsletter eingetragen hast.
Ganz liebe Grüße,
Katharina
seinswandel
Posted at 21:25h, 28 AprilIn diesem Zusammenhang empfehle ich den Film „KUMARÉ [Doku deutsch] – Ein wahrer Film über einen falschen Propheten“.
„Um zu zeigen, welch leichtes Spiel Scharlatane haben, verwandelt sich der Filmemacher Vikram Gandhi aus Brooklyn in den weisen indischen Yogi Kumaré und kann rasch eine Gemeinde echter Anhänger um sich scharen. Auf dem Höhepunkt seiner Popularität muss der selbst ernannte Guru jedoch seine wahre Identität preisgeben und das satirische Experiment findet ein unerwartetes Ende.“
https://www.youtube.com/watch?v=f9ETeuMVrQg
Glücksdetektiv
Posted at 17:20h, 30 AprilVielen Dank für diesen interessanten Hinweis.
Wow. Das ist wirklich ein spannendes Experiment.
Und es zeigt, wie leicht wir Menschen bereit sind an etwas oder jemanden zu glauben. Und wie leicht dieser Glaube ausgenutzt werden kann…
Rebecca
Posted at 16:26h, 28 MaiDieses Law of Attraction wurde sehr stark in Amerika durch Oprah Winfrey vermarktet und wenn ich amerikanische Webseiten besuche, kriege ich oft die Krise, wenn ich sehe, wie viele daran glauben. Das ist mittlerweile wie eine Epidemie. Danke für deinen differenzierten, aufklärenden Artikel. Ich habe vor Jahren mal ein einer schweren Allergie gelitten und da hat mir jemand in irgendeinem Heilpraktiker-Forum gesagt, dass meine Gedanken schuld an der Allergie wären. Das finde ich, ist ein gutes Beispiel für diesen Esoterik-Müll.
Glücksdetektiv
Posted at 16:15h, 29 MaiLiebe Rebecca,
herzlichen Dank für deinen Kommentar.
Ja, in Amerika boomt dieses angebliche Gesetz noch viel mehr als hierzulande. Es klingt halt auch zu schön, um wahr zu sein: denk dich reich und denk dich glücklich. Dann passiert es schon…
Dein Beispiel trifft es auch auf den Punkt. Manche Menschen glauben so sehr an dieses Gesetz, dass sie unsere Gedanken tatsächlich für alles auf dieser Welt verantwortlich machen wollen (Allergien, Krankheiten, Unfälle). Umso schlimmer wird ihre Welt zusammenbrechen, wenn sich dieser Glaubenssatz dann doch nicht für sie bewahrheitet…
Ganz liebe Grüße,
Katharina
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Posted at 21:21h, 29 November[…] Glücksdetektiv: Warum Du auf keinen Fall blind einem Glücksguru vertrauen solltest […]
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Posted at 14:56h, 30 Juni[…] Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie viele Millionen Tonnen Ratgeberliteratur in den Selbsthilfeabteilungen der Buchhandlungen ihre Heilsversprechen in die Welt schicken. Heilsversprechen, die niemals wissenschaftlich überprüft wurden. […]
Sonja
Posted at 17:43h, 09 MaiUnd wieso sind dann unglückliche Menschen oft kränker? Wenn man sich mal eingehend mit dem Thema beschäftigt wird man bemerken, dass die Psyche sehr wohl oft sogar immense Auswirkungen auf den Körper haben kann! Das alles als Humbug abzutun finde ich unprofessionell. Ok Glücksgurus seien mal dahingestellt, das sind meistens Scharlatane – aber Psyche und Körper arbeiten zusammen. Wenn ich viel Stress habe schlägt das auf meine Zahnwurzeln und meine Haut reagiert. In verschiedenen Situationen die mir unangenehm sind bekomme ich Nackenschmerzen, von meiner Migräne nach hoher Anspannung und plötzlicher Entspannung ganz zu schweigen…
Katharina Tempel
Posted at 13:36h, 12 MaiIch glaube, du hast meinen Artikel nicht wirklich durchgelesen. Ich bestreite nicht, dass Psyche und Körper zusammenhängen – ich schreibe es sogar explizit und nenne es bei seinem korrekten Namen „Psychosomatik“.
Was ich als Humbug abtue ist, zu behaupten, jede Krankheit wäre selbst erschaffen und somit selbst verschuldet.
Viele Grüße,
Katharina